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Wer keine Lust auf einen Nebenjob in der freien Wirtschaft hat, kann sich natürlich auch eine Stelle an der Uni suchen. Werbung für freie Stellen wird normalerweise über die Unirundmail gemacht, auch auf den Seiten der einzelnen Institute oder an den Anschlagtafeln in den Uni-Gebäuden könnt ihr fündig werden. Wenn gerade keine Stellen ausgeschrieben sind, kann es sich trotzdem lohnen, einfach mal bei euren Dozenten und Instituten nachzufragen.
Aber Achtung!
Bei der Anstellung von Studierenden an der Uni gibt es eine Stolperfalle, die oft übersehen wird bzw. die sehr vielen Studierenden wie auch Professoren/Vorgesetzten nicht bekannt ist. Es geht ja um die Anstellung von Studierenden an der Uni, also ist die Personalkategorie der studentischen/wissenschaftlichen Hilfskräfte (SHK/WHK, umgangssprachlich HiWi) die zutreffende, so die landläufige Meinung.
Das ist falsch! Und führt leider dazu, dass viele Studierende für ihren Job an der Uni zu wenig Lohn erhalten und obendrein der Arbeitsvertrag rechtswidrig ist!
Was gilt denn nun?
SHK (ohne Hochschulabschluss) oder WHK (mit Hochschulabschluss) dürfen gemäß § 58 Abs 3 SächsHSG nur „…Dienstleistungen in Forschung, Lehre oder künstlerischer Praxis…“ erbringen und NICHT für andere Tätigkeiten eingestellt werden, z.B. Öffentlichkeitsarbeit, IT, Verwaltungs- und Sekretariatstätigkeiten, technischer Betriebsdienst oder Bibliothekswesen. Solche Tätigkeiten bedürfen einer Anstellung als geringfügig beschäftigte Person und einer Vergütung nach Tarifvertrag der Länder (TV-L) – sind also besser bezahlt!
Gerichtsurteil in dieser Sache: BAG-Urteil_7_AZR_245/20
studentische/wissenschaftliche Hilfskraft | geringfügig beschäftigte Person nach TV-L | |
Tätigkeiten |
Hilfstätigkeiten zur unmittelbaren Unterstützung in Forschung und Lehre, z.B. Betreuung sowie Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen und Klausuren, Recherchearbeiten, Durchführen von Versuchen, Auswertung von Daten… (BAG-Urteil vom 30.06.2021 – 7 AZR 245/20; § 58 SächsHSG) |
Alle sonstigen unterstützenden Tätigkeiten, z.B. Verwaltungs- und Sekretariatstätigkeiten, Öffentlichkeitsarbeit, Bibliothekswesen, IT, technischer Betriebsdienst… „Studentische Hilfstätigkeiten in wissenschaftsunterstützenden Bereichen der Hochschule, die für die organisatorischen Grundlagen zuständig sind, auf denen Wissenschaft überhaupt erst betrieben werden kann stellen daher regelmäßig keine „wissenschaftliche“ Hilfstätigkeit iSv. § 6 WissZeitVG dar.“ (BAG-Urteil 7 AZR 245/20) |
Vergütung |
SHK: 12,00 €/h (Mindestlohn) WHK: 12,72 €/h (mit Bachelor-Abschluss)
Rückblick – Erhöhung Mindestlohn 10/2022: SHK: 10,63 € -> WHK (Ba): 12,37 € -> 12,72 €
Übrigens: |
Gemäß TV-L deutlich über Mindestlohn in Abhängigkeit der ausgeübten Tätigkeit
Beispielhafte Entgeltgruppen: E3-1: 14,19 €/h E5-1: 15,05 €/h E7-1: 15,93 €/h + Jahressonderzahlung (§ 20 TV-L) + Zeitzuschläge z.B. bei Nachtarbeit (§ 8 TV-L)
Wer die Minijob-Grenze (520€/Monat) nicht überschreiten möchte, kann seine monatliche Arbeitszeit reduzieren. |
Beschäftigung |
Befristung nach § 6 WissZeitVG bis zu einer Gesamtdauer von 6 Jahren
SHK: Mindestlaufzeit von 6 Monaten WHK: Mindestlaufzeit von 12 Monaten (§ 58 SächsHSG) |
i.d.R. Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG theoretisch ebenfalls möglich: unbefristete Anstellung; Zeitbefristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG |
Krankheitsfall |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EntgFG) -> kein Nacharbeiten ausgefallener Stunden |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EntgFG; § 22 TV-L) -> kein Nacharbeiten ausgefallener Stunden |
Urlaub |
Mindestanspruch nach § 3 BUrlG: 20 Tage Urlaub pro Jahr bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage (Mo-Fr) |
Tarifanspruch nach § 26 TV-L: 30 Tage Urlaub pro Jahr bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage (Mo-Fr) |
Personalvertretung | Durch den Personalrat, aber in Einzelangelegenheiten nach § 80 Abs. 1 SächsPersVG nur auf Antrag (z.B. Einstellung, Weiterbeschäftigung) | Durch den Personalrat in allen Personalangelegenheiten gemäß SächsPersVG |
Weitere Hinweise:
Für die ordentliche Abrechnung von Krankheits- und Urlaubstagen sollte unbedingt im Arbeitsvertrag für jeden Wochentag eine feste Arbeitszeit vereinbart werden, von der nach Absprache auch abgewichen werden kann!
Erholungsurlaub ist von der Dienststelle zusammenhängend zu gewähren – bei Nichtgewährung sollte der Personalrat eingeschaltet werden.
Informationsmaterial:
Ratgeber Studentische Beschäftigte Verdi
Studie „Jung, akademisch, prekär“ über die Situation studentischer Beschäftigter (2023)
Studie „Studentische MitarbeiterInnen“ über die Situation studentischer Beschäftigter (2012)
Rahmenkodex zur Befristung an sächsischen Hochschulen
Evaluation des WissZeitVG (2020)
Solltet ihr Fragen oder Beratungsbedarf zum Thema „Arbeiten an der Uni“ haben, wendet euch am besten an den Personalrat (Tel. 03731 39-2559 | ).
Alle Angaben ohne Gewähr.
Euer Referat Hochschulpolitik